3. Preis (200 Euro): Repair-Café Stendal
Laudatio – Juliane Kleemann, Mitglied des Landtages und Vorsitzende der SPD Sachsen-Anhalt
Ausgehen, Freunde treffen, Leidenschaften teilen. Es gibt Dinge, die kann man nur außerhalb der eigenen vier Wände erleben.
Gastfreundliche Orte, an die man gern geht, um mit Anderen Zeit zu verbringen, zu snacken, miteinander das ein oder andere für den Gaumen genießen, vielleicht auch Menschen angucken gehen.
Gastliche Orte mit einem guten Kaffee, leckerem Kuchen, netten Menschen.
Die Initiative, der gastliche Ort, der den 3. Preis unseres Reinhard-Höppner-Engagementpreises 2023 erlangt hat, ist nicht so alt wie das Café Sacher in Wien oder das Kaffeehaus Köhler in der Leiterstrasse hier in Magdeburg. Aber das Älteste seiner Art in Sachsen-Anhalt ist es schon.
Wer sich hierher auf den Weg macht, der bringt eher was mit, als dass er was zum Gaumengenuss bestellen will. Der kommt mit einer Frage, einer Bitte, einer Erwartung. Und wenn dieser Mensch wieder geht, dann hat er eher kaum Kalorien aufgesammelt als vielmehr Hilfe und/oder einen Rat bekommen.
Im Gepäck sind Toaster, Föhn, Radio oder Akkubohrschrauber. Bestellt wird nicht Apfelstreusel mit Sahnehäubchen oder Sachertorte, sondern Hilfe und Zeit und klar gern auch ein Kaffee oder Tee.
Die Bedienung trägt kein Tablett, sondern dient mit handwerklicher Kunst und der Lust an Tüftelei und Lötkolben.
„Ist das alt oder kann das weg?“ ist nicht die Frage. Eher: „Das ist schon älter, aber weg soll´s noch nicht.“
Wir diskutieren teils sehr energisch über die Frage, wie wir in diesem Land und insgesamt auf unserem Planeten mit unseren Ressourcen umgehen. Die Debatte ist gar nicht so jung, aber sie nimmt gegenwärtig so richtig an Fahrt auf.
Und nicht erst in jüngster Zeit ist es wichtig, mit den Ressourcen unseres Planeten sorgsam umzugehen. Dass der Erdüberlastungstag mittlerweile im ersten Halbjahr des Jahres angekommen ist, ist eine alarmierende Nachricht.
Um so richtiger und wichtiger ist es, dass kaputte Gegenstände nicht automatisch auf dem Müll landen. Es kann viel mehr repariert werden als sich manch einer das vorstellt. Und da ist noch Luft nach oben.
Für die Entwicklung einer sinnvollen und nachhaltigen Kreislaufwirtschaft gibt es noch einiges zu tun, für uns in der Politik und für die Akteure der Wirtschaft. Auf dem Weg dahin ist es gut, dass es Einrichtungen und Treffpunkte wie das Repair-Café in Stendal gibt. Der Sach- und Fachverstand für „ist zwar schon älter, muss aber noch nicht weg“ ist hier vorhanden. Und die Leidenschaft.
Die Vielen – noch ausschließlich Männer, wenn ich richtig informiert bin – die sich hier engagieren, schenken ihre Zeit und bieten ihren Fachverstand an. Und was Sinnvolles ist es obendrein. Und außerdem gibt’s beim Reparieren ja neben dem Handwerklichen auch Zeit für das Mundwerkliche, fürs miteinander Klönen und Snacken. Und Kaffee im Café!
Dass es nicht immer so ganz einfach ist, so ein Café der anderen Art zu betreiben, sehen wir daran, dass so mancher Umzug in den letzten Jahren zu meistern war. Was nicht kommerziell ist braucht Räume, die leistbar sind, braucht entgegenkommende Vermieter. Solche Bedingungen für eine lange Dauer zu finden ist den Akteuren hoffentlich jetzt gelungen.
Trotz mancher Unwägbarkeit für diese Form des Engagements gab es eine Initialzündung. Denn mittlerweile existieren drei seiner Art bei uns im Land. Reparieren statt Wegwerfen hat Zukunft.
Herzlichen Glückwunsch und herzlichen Dank an die Akteure des ersten sachsen-anhaltischen Repair-Cafés aus Stendal zum 3. Preis des Reinhard-Höppner-Engagementpreises.